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Der politische Wortbruch ist perfekt

Landtag beschließt zwei Nullrunden für fast die Hälfte der NRW-Beamten

Seit Wochen protestieren die Kolleginnen und Kollegen gegen das sich abzeichnende Spardiktat der Landesregierung. Nach einer hitzigen Debatte im NRW-Landtag hat die rot-grüne Regierung am 10. Juli 2013 vollendete Tatsachen geschaffen und keine Änderungen mehr an ihrem Gesetzentwurf vorgenommen. Im Landtag wurde erregt diskutiert, hatte die Opposition doch unmittelbar vor der parlamentarischen Sommerpause Gelegenheit, die Regierung Kraft auf dem „falschen Fuß“ zu erwischen. Denn auch im Regierungslager war der kalkulierte Wortbruch nicht unumstritten. Die Positionen waren schnell klar, die Regierung verwies auf Sparzwänge, die finanzielle Opfer auch der Beamten notwendig machten. Die Opposition beklagte, es würden wieder einmal die Beamten zu „Sündenböcken“ und „Melkkühen“ degradiert.

Anders als anlässlich der öffentlichen Anhörung vor Monatsfrist vertrat die Regierung ihr Vorhaben offensiv und mit voller Überzeugung. Besonders erkennbar war das Bemühen, die Nullrunden als Ultima Ratio der Haushaltskonsolidierung erscheinen zu lassen. Nach einem überaus hitzigen Schlagabtausch im nordrhein-westfälischen Landtag stimmten 126 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 105 sprachen sich dagegen aus.

Das nunmehr beschlossene Gesetz sieht vor, dass lediglich die Bezüge von Beamten und Versorgungsempfängern bis zur Besoldungsgruppen A 10 in den nächsten beiden Jahren um insgesamt 5,6 Prozent erhöht werden. Für die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 gibt es ein Prozent mehr. Alle anderen Kolleginnen und Kollegen gehen leer aus und müssen erneut zwei Nullrunden hinnehmen.

Der WDR sprang der Regierung sogleich zur Seite. In einem Kommentar meinte der WDR-Journalist Klaus Scheffer, die Landesregierung habe richtig gehandelt und sich für das kleinere Übel entschieden. Indem sie 710 Millionen Euro bei den Beamten und Pensionären spare, habe sich die Regierung Kraft trotz der Schuldenbremse politische Handlungsspielräume eröffnet.

Dies ist eine weitverbreitete Sichtweise. Aber darf eine Regierung tatsächlich so handeln und geltendes Recht so gröblich missachten? Die Teilhabe der Beamten und Versorgungsempfänger an der allgemeinen Einkommensentwicklung ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums und genießt Verfassungsrang. Die Anhörung zu dem Gesetz hat deutlich gemacht, dass die Regierung faktisch einen geplanten Rechtsbruch begangen hat.

Hinzu tritt der Umstand, dass die Politik sich offensichtlich nicht mehr an ihr schriftlich gegebenes Wort gebunden fühlt, die Gleichbehandlung von Beschäftigten und Beamten gewährleisten zu wollen. Wenn eine Regierung nach Gutsherrenart mit ihren Beamten umspringt, dann geht etwas kaputt in unserer Gesellschaft. Wo findet man eigentlich noch Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Redlichkeit und Rechtschaffenheit, wenn die politischen Eliten unseres Landes diese Eigenschaften lediglich als Hindernisse bei der politischen Machtausübung begreifen?

Auf welcher Grundlage will die Landesregierung eigentliche Gesetztestreue von den Bürgerinnen und Bürgern einfordern, wenn sie selbst sich weder an gesetzliche Regeln noch an die Verfassung halten will. Dieser arrogante Umgang mit dem Recht sollte alle Bürgerinnen und Bürger und nicht nur die Betroffenen schockieren. Till-R. Stoldt hat in der „Welt am Sonntag“ am 23. Juni 2013 dazu formuliert: „Wo konstant wenig Respekt vor der Rechtsordnung demonstriert wird, da bröckelt allmählich die Scheidewand, die unser Land von einer Bananenrepublik trennt.“ Recht hat er!

Der Kampf um eine angemessene Anpassung der Besoldung und Versorgung ist folglich kein reiner Selbstzweck, wir wollen der Landesregierung unmissverständlich verdeutlichen, dass sie die Axt an die Verbindlichkeit demokratischer Entscheidungen legt. Damit ein solches Vorgehen nicht zur Regel wird, muss der Preis, den die Landesregierung für ihren Wortbruch zu zahlen hat, sehr hoch sein. Auch nach der Verabschiedung des Gesetzes sollte der Protest weitergehen, wenn wir uns in der Zukunft nicht permanent als "willfährige Lämmer zur Schlachtbank des finanziellen Sparopfers" führen lassen wollen. Für die Landesregierung muss eines ein für alle Mal klar werden:
Die Beamten und Versorgungsempfänger sind nicht die Reservekasse der Landesregierung!


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