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Andrea Nahles (Mitte) bei der Abstimmung über das Tarifeinheitsgesetz

Tarifeinheitsgesetz: Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag ab

Marburger Bund, Deutscher Journalisten-Verband und die Pilotenvereinigung Cockpit wollten mit ihrem Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht erreichen, dass die Verfassungsrichter die Anwendung des im Juli 2015 in Kraft getretenen Tarifeinheitsgesetzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagen. Die genannten Gewerkschaften sind jetzt mit diesem Anliegen in Karlsruhe gescheitert. Die Richter halten die Anwendung des Gesetzes zumindest bis zur Entscheidung in der Hauptsache für vertretbar.

Das Tarifeinheitsgesetz ist eines der umstrittensten Gesetze, das die schwarz-rote Koalition auf den Weg gebracht hat. Ziel war es, die angebliche Streikmacht von kleinen Spartengewerkschaften zu brechen. Die Gesetzesinitiative geht auf einen gemeinsamen Wunsch von Deutschen Gewerkschaftsbund und den Arbeitgeberverbänden zurück. Während die Arbeitgeber eine Chance sahen, die Anzahl von möglichen Arbeitskämpfen zu begrenzen, wollte sich der DGB offenbar leidiger Konkurrenz entledigen. Erst als einigen Gewerkschaftsfunktionären dämmerte, dass sie nicht in jedem Betrieb über die Mehrheit verfügen, bröckelte die DGB-Gewerkschaftsfront merklich.

Mit dem Gesetz wollte Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zu dem Grundsatz „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ zurückkehren, den das Bundesarbeitsgericht erst im Jahre 2010 als unzulässig gekippt hatte. Den Arbeitnehmerrechten hat sie damit einen Bärendienst erwiesen, weil sie nach Auffassung vieler Verfassungsrechtler in die grundgesetzlich verbriefte Koalitionsfreiheit der Kolleginnen und Kollegen eingegriffen hat.

Die Karlsruher Verfassungsrichter haben den Eilantrag jetzt abgelehnt (Aktenzeichen: 1 BvR 1571/15), weil nach ihrer Überzeugung keine schwerwiegenden Nachteile für Spartengewerkschaften zu befürchten seien, die den Erlass einer Eilanordnung rechtfertigten könne. Gegenwärtig sei nicht absehbar, dass den Antragstellern bei Fortgeltung des Tarifeinheitsgesetzes bis zur Entscheidung in der Hauptsache der Abschluss von Tarifverträgen längerfristig unmöglich gemacht würde oder sie im Hinblick auf ihre Mitgliederzahl oder ihre Tariffähigkeit in ihrer Existenz bedroht seien", führten die Karlsruher Richter zur Begründung ihrer Entscheidung an.

Das Gericht teilte daneben mit, dass mit einer endgültigen Entscheidung des Verfassungsgerichts, ob das Tarifeinheitsgesetz in seiner jetzigen Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar sei, gegen Ende des Jahres 2016 gerechnet werden könne. Der Ausgang dieses Verfahrens sei offen.

BSBD und Deutscher Beamtenbund haben sich immer vehement gegen das Tarifeinheitsgesetz gewandt und kritisiert, dass dieses Gesetz nicht mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit vereinbar sei. Beide Organisationen halten das Streikrecht für faktisch ausgehöhlt, wenn nur der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft in einem Betrieb Gültigkeit haben soll. Der BSBD ist allerdings überaus zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Tarifeinheitsgesetzes im Hauptsacheverfahren feststellen wird.

Friedhelm Sanker


Foto im Beitrag © Rainer Jensen / picture alliance dpa