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Kindergeldzahlungen an EU-Ausländer dürfen vom Aufenthaltsrecht abhängig gemacht werden.

Europäischer Gerichtshof: Bindung von Kindergeld an die Aufenthaltserlaubnis zulässig

Britische Rechtspraxis bestätigt

In Großbritannien erhalten EU-Ausländer Kindergeld für Kinder, die sich in einem anderen EU-Land aufhalten, nur dann, wenn sie sich mit Aufenthaltserlaubnis in Großbritannien befinden.

In dieser Regelung sah die EU-Kommission angesichts der generell in Europa geltenden Freizügigkeit einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und erhob gegen Großbritannien Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Das Gericht hat mit Urteil vom 14. Juni 2016 (Az: C-308/14) allerdings jetzt die Rechtsauffassung Großbritanniens bestätigt. Dieses Urteil dürfte weitreichende Folgen entwickeln, weil erstmals durch den Europäischen Gerichtshof festgestellt worden ist, dass die EU kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit geschaffen habe, sondern unterschiedliche nationale Systeme bestünden.

Mit der klaren Feststellung, dass EU-Länder EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht kein Kindergeld zahlen müssten, hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg die Klage der EU-Kommission gegen Großbritannien abgewiesen. Das Gericht räumte ein, dass durch eine solche Regelung arbeitslose EU-Ausländer diskriminiert würden. Diese Diskriminierung sei allerdings gerechtfertigt, so die Richter, weil EU-Staaten ihre Finanzen „schützen“ dürften und hieran auch ein berechtigtes Interesse hätten, um Überforderungen zu vermeiden.

Nach geltender Rechtslage dürfen EU-Bürger generell für drei Monate in ein anderes Mitgliedsland ziehen, um dort eine Arbeitsstelle zu suchen. Ist die Arbeitssuche erfolglos, haben sie keinen Anspruch auf Aufenthalt. Da Großbritannien in diesen Fällen die Zahlung von Sozialleistungen verweigerte und sich Betroffene beschwerten, erhob die EU-Kommission Klage vor dem Luxemburger Gericht.

Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil darauf hingewiesen, dass mit der geltenden EU-Verordnung kein einheitliches System für die Gewährung von Sozialleistungen geschaffen worden sei. Es blieben vielmehr die nationalen Sicherungssysteme nebeneinander bestehen. Wegen dieser Regelung spreche nichts dagegen, wenn Sozialleistungen vom rechtmäßigen Aufenthalt im Aufnahmeland abhängig gemacht würden.

Diese Ungleichbehandlung gegenüber den eigenen Staatsangehörigen sei zulässig, urteilte das Gericht, um die Finanzen des Aufnahmemitgliedstaates zu schützen. Nicht zuletzt an diesem Punkt hatte sich in Großbritannien Kritik festgemacht, weil es weiten Bereichen der Bevölkerung nicht vermittelt werden konnte, dass Kindergeld für Kinder gezahlt werden sollte, die gar nicht in Großbritannien, sondern in ihrem Heimatland lebten. Nicht zuletzt dieser Punkt steht auch im Fokus der Brexit-Debatte. Die Befürworter des Austritts des Vereinigten Königreiches beklagen, dass das Sozialsystem Großbritanniens durch den starken Zuzug gerade von Menschen aus Osteuropa spürbar überlastet werde.

Keine Klarheit schufen die Richter in einem anderen Punkt. Sie äußerten sich mit dem Urteil nicht dazu, ob Kindergeldsätze gekürzt werden dürfen, wenn die Kinder noch im Herkunftsland leben. Hier wäre es sicher denkbar, das Kindergeld auf die Höhe des Kindergeldes im EU-Herkunftsland abzusenken. Diese Frage wird mit dem Urteil leider nicht beantwortet.

Deutschland ist in Bezug auf das Kindergeld deutlich großzügiger als Großbritannien und muss erhebliche Haushaltsmittel für dessen Zahlung an EU-Ausländer auch für solche Kinder aufwenden, die noch in ihrem Heimatland leben. Wir haben uns damit an das grundsätzlich geltende Diskriminierungsverbot gehalten und EU-Bürger wie Inländer behandelt. Der Kindergeldbezug ist in Deutschland folglich nicht an den Nachweis des rechtmäßigen Aufenthalts gebunden.

Wegen der Volksabstimmung in Großbritannien über den Verbleib in der Europäischen Union sind dem britischen Premier Cameron auf dem EU-Gipfel im Februar 2016 nicht unerhebliche Zugeständnisse hinsichtlich der Gewährung von Sozialleistungen an EU-Ausländer gemacht worden. In diesem Zusammenhang hat die Bunderegierung angekündigt, diese Einschränkungen und Begrenzungen auch für Deutschland übernehmen zu wollen.

Friedhelm Sanker


Foto im Beitrag © playstuff / Fotolia.de