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OVG Münster: NRW-Frauenförderung ist verfassungswidrig.

OVG Münster bestätigt Verfassungswidrigkeit der NRW-Frauenförderung

Die Dienstrechtsreform der rot-grünen Landesregierung, die jahrelang nur dazu diente, strukturelle Verbesserungen für Kolleginnen und Kollegen zu blockieren, verliert jetzt auch jenen Baustein, auf den die Regierung so mächtig stolz war. Mit § 19 Abs. 6 LBG NRW wurde die Förderung von Frauen auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt.

Bereits in der Anhörung zu diesem Gesetzesverfahren hatte der DBB rechtliche Bedenken gegen die beabsichtigte Problemlösung vorgetragen, weil vom Grundsatz der Bestenauslese zugunsten von Frauen abgewichen werden sollte. Nachdem etliche Verwaltungsgerichte in NRW den Eilanträgen von Männern in Beförderungsverfahren wegen Verfassungswidrigkeit stattgaben, hat das Oberverwaltungsgericht Münster diese Rechtsauffassung am 21. Februar 2017 (Az.: 6 B 1109/16) bestätigt. Für die Landesregierung kommt diese Entscheidung zur Unzeit. Unmittelbar vor den Landtagswahlen will sie sich juristisch nicht vorführen lassen. Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigte deshalb an, dass das Land NRW die Verfassungsmäßigkeit der beamtenrechtlichen Frauenförderung durch den Verfassungsgerichtshof des Landes NRW überprüfen lassen werde.

Die Auswahlentscheidung für die Besetzung mehrerer Beförderungsstellen hatte das Land NRW auf § 19 Abs. 6 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen gestützt. Dieses Gesetz ist am 1. Juli 2016 in Kraft getreten und regelt, dass Frauen bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Von einer im Wesentlichen gleichen Qualifikation ist bereits auszugehen, wenn die aktuelle dienstliche Beurteilung der Frau und des Mannes ein gleichwertiges Gesamturteil aufweist. Ein so reduzierter Qualifikationsvergleich verstößt nach Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG). Dieses erfordere, dass der für das Beförderungsamt am besten geeignete Bewerber ausgewählt werde. Auswahlentscheidungen dürften deshalb nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung beträfen. Hierzu gehöre der Aspekt der Frauenförderung allerdings nicht.

Wiesen die dienstlichen Beurteilungen dasselbe Gesamturteil aus, müssten zunächst die Inhalte der aktuellen Beurteilungen und bei dann noch gegebenem Qualifikationsgleichstand sodann ältere dienstliche Beurteilungen berücksichtigt werden, weil sich aus ihnen zusätzliche Erkenntnisse ergeben könnten, urteilten die Richter des OVG Münster.

Der Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG bestimmt, für eine Gleichberechtigung von Frauen zu sorgen. Der 6. Senat des OVG Münster vertritt insoweit die Auffassung, dass dieser Verfassungsauftrag auch unter Wahrung des Prinzips der Bestenauslese realisiert werden könne. Der Qualifikationsvorsprung vieler Männer sei oftmals das Ergebnis einer unterbrechungslosen Berufslaufbahn. Dieser Unterschied könne relativiert oder kompensiert werden, wenn Befähigungs- und Eignungsmerkmale (z.B. Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung, Persönlichkeit, Charaktereigenschaften) bei der Abfassung von dienstlichen Beurteilungen und damit bei der Bildung des Gesamturteils stärker gewichtet würden. Hierdurch könne zudem erreicht werden, dass besonders die Frauen bevorzugt würden, die tatsächlich Doppelbelastungen in Beruf und Familie ausgesetzt seien. Eine ausschließlich an das Geschlecht anknüpfende Frauenförderung vernachlässige diesen Aspekt ohne zureichenden rechtlichen Grund.

Damit hat auch das OVG Münster bestätigt, dass der Frauenbonus im NRW-Beamtenrecht verfassungswidrig ist. Für die rot-grüne Landesregierung war dies eine juristische Klatsche mit Ansage. Für die Beförderung von Beamten dürfen einzig und allein Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ausschlaggebend sein, urteilten die Richter des 6. Senats.

In einer ersten Bewertung stellt BSBD-Chef Peter Brock fest: „Eine solche Niederlage kurz vor der Landtagswahl kommt für SPD und Grüne zum ungünstigsten Zeitpunkt. Einfach den von Anfang an umstrittenen Frauenbonus zu streichen, kommt für Innenminister Ralf Jäger (SPD) und Gleichstellungsministerin Barbara Steffens (Grüne) offenbar nicht in Betracht. Sie halten das für ein falsches Signal. Sie spielen lieber auf Zeit und wollen den Verfassungsgerichtshof des Landes NRW anrufen. Was dabei aber völlig übersehen wird, sind die vielen möglichen Beförderungen, die jetzt auf Eis liegen. Die rot-grüne Landesregierung straft damit alle betroffenen Kolleginnen und Kollegen ab, und zwar ohne Ansehen des Geschlechts.“

Friedhelm Sanker

Foto im Beitrag © Kzenon / Fotolia.de