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Die Verfügbarkeit lediglich eines Funkgerätes reicht nach Einschätzung des BSBD nicht aus, um die notwendige Eigensicherung zu gewährleisten.

JVA Iserlohn: Mutmaßlicher islamistischer Gefährder verbrüht zwei Kollegen mit kochend heißem Wasser

Der BSBD warnt seit langem, dass sich das Risiko für Strafvollzugsbedienstete bei der Wahrnehmung ihrer Dienstpflichten durch die Veränderung der Gefangenenklientel nachhaltig erhöht hat und dieser Umstand zu Konsequenzen sowohl im Hinblick auf die Personalausstattung als auch zur Verbesserung des Eigenschutzes und der technischen Ausstattung führen muss. Im konkreten Iserlohner Fall hatten zwei Kollegen den Auftrag, den islamistischen Gefährder beim Landgericht Dortmund vorzuführen.

Hiermit war der Betroffene offenbar nicht einverstanden. Also versuchte er, die Vorführung durch Gewaltanwendung gegenüber den Kollegen zu unterbinden. Plötzlich und unvermittelt überschüttet der Untersuchungsgefangene die beiden seinen Haftraum gegen 10.15 Uhr betretenden Beamten mit siedend heißem Wasser.

Die Kollegen hatten noch Glück im Unglück, dass sie am Oberkörper bzw. an den Beinen und nicht im ungeschützten Gesicht verbrüht wurden. Mit zwei Hubschraubern wurden sie umgehend in eine Spezialklinik nach Bochum gebracht. Dem Vernehmen nach haben sie Verbrühungen zweiten Grades erlitten. Unsere Gedanken sind bei den Verletzten und ihren Angehörigen. Der BSBD wünscht beiden Kollegen eine schnelle, komplikationsfreie und vollständige Genesung.

Bei dem Täter handelt es sich um einen seit 2016 in Untersuchungshaft einsitzenden Mann, der zum Islam übergetreten ist. Dem Konvertiten wird vorgeworfen, sich Waffen und Sprengstoff besorgt zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht daher davon aus, dass er eine staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben könnte.

Dieser Fall zeigt exemplarisch auf, mit welchen Risiken die Dienstausübung in den nordrhein-westfälischen Vollzugseinrichtungen zwischenzeitlich verbunden ist. Die zunehmende Gewaltbereitschaft und das deutliche Absinken der Hemmschwelle, auch Gegenstände und in diesem Fall gefährliche Flüssigkeiten gegen Bedienstete oder auch Kontrahenten einzusetzen, zeigt sich jetzt auch vermehrt im Vollzug.

Erfreulicherweise hat der neue Justizminister Peter Biesenbach (CDU) die BSBD-Forderung nach Schließung der bestehenden Personallücke von 1.000 Stellen aufgegriffen. Im laufenden Haushaltsjahr werden 237 Stellen dieser Stellen in allen Laufbahnen ausgebracht. Eine schnellere Schließung der Personallücke ist allein deshalb nicht möglich, weil dafür die erforderlichen Ausbildungskapazitäten gar nicht zur Verfügung stehen. Für die Strafvollzugsbediensteten bedeutet dies, dass sie mit dem Mangel noch einige Zeit werden leben müssen. Positiv ist allerdings, dass die Politik jetzt reagiert und umsteuert.

Daneben muss nach Auffassung des BSBD jedoch weiter daran gearbeitet werden, ein schlüssiges Konzept für den Umgang mit gefährlichen Gefangenen, speziell islamistischen Gefährdern, und für wirksame Behandlungsmaßnahmen zur Deradikalisierung zu entwickeln. Die laufenden Arbeiten sollten vor dem Hintergrund der Iserlohner Sicherheitsstörung nach Einschätzung des BSBD nochmals intensiviert werden.

Daneben muss dem Eigenschutz verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden. Gerade bei der Eigensicherung sollte das Land keinesfalls sparen. Deshalb kritisiert der BSBD auch Bestrebungen, künftig auf Personenschutzgeräte zu verzichten und stattdessen das Funkgerät für Alarmierungszwecke zu nutzen. Die Personenschutzgeräte können auf verschiedene Weise Alarmierungen auch selbsttätig auslösen und bieten dadurch einen erhöhten Schutz für Situationen, in denen der betroffene Bedienstete zur Alarmauslösung selbst nicht mehr in der Lage ist. „In diesem Bereich“, dies stellte BSBD-Vorsitzender Peter Brock in Düsseldorf klar, dürfen keine Kompromisse eingegangen werden.

Der Gewerkschaftschef machte zudem deutlich, dass auch die Binnendifferenzierung in den Vollzugseinrichtungen verbessert werden müsse. Nur wenn die erforderlichen Haftraumkapazitäten zur Verfügung stünden, könnten separate Unterbringungskonzepte für spezielle Behandlungsgruppen wie auch für gefährliche Inhaftierte realisiert werden. „Die Landesregierung muss das Bauprogramm für den Vollzug deshalb mit Priorität versehen und vorrangig realisieren, damit zeitnah ausreichende Haftplatzkapazitäten zur Verfügung stehen. Die gegenwärtige Situation ist nicht dazu angetan, beruhigt in die Zukunft zu blicken“, kritisierte Peter Brock.

Friedhelm Sanker