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Berufsqualifizierung wechselt wieder in das Portfolio des Werkdienstes!

Die aus der Not geborene Zusammenarbeit des Vollzuges mit externen Ausbildungsträgern funktionierte so lange recht unproblematisch, so lange die Auftragserteilung ohne vorherige Ausschreibungsverfahren erfolgte. Als nach dreißigjähriger Geschäftsbeziehung der Landesrechnungshof diese Vergabepraxis nicht nur kritisierte, sondern als Verstoß gegen die Vergaberichtlinien beanstandete, kam das System schnell an sein Ende.

Das Ministerium hat jetzt eine Forderung des BSBD aufgegriffen und zunächst den externen Ausbildern der Vollzugseinrichtungen Geldern und Heinsberg ein Übernahmeangebot unterbreiten lassen. Ziel dieser Maßnahme ist es, unausgesetzt einen hohen Ausbildungsstandard sicherzustellen, der ökonomischen Zwecken und Entwicklungen weitgehend entzogen ist. Konjunkturelle Schwankungen haben damit keinen Einfluss mehr auf die Qualität der Ausbildung im Vollzug.

Mit der Ausschreibung der Aufträge waren die erzielbaren Preise für die nachgefragten Dienstleistungen den konjunkturellen Entwicklungen unterworfen. Zunächst unterboten sich die Interessenten bei den Preisen, weil seinerzeit gerade viele Ausbilder auf dem Markt waren. Die Arbeitsämter hatten ihre Qualifizierungsbemühungen für Arbeitslose zu Beginn der Nullerjahre deutlich reduziert. Viele Qualifizierungsunternehmen suchten händeringend nach neuen Betätigungsfeldern. Folglich richtete sich ihr Blick auch auf den Strafvollzug, für den sich bis dahin nur das Berufsfortbildungswerk des DGB und das Kolpingwerk interessiert hatten. Preise wie in den dreißig Jahren zuvor waren jetzt nicht mehr durchzusetzen. Und wer hatte am Ende die Zeche zu zahlen? Selbstverständlich die Berufsausbilder, die teilweise dramatische Einkommenseinbußen hinnehmen mussten.

Die Übertragung von Qualifizierungsmaßnahmen auf Externe führt zu Qualitätsmängeln

Und wie das in einer Marktwirtschaft so üblich ist: Wo der Preis sich durch Angebot und Nachfrage bildet, dort spielen die Beschäftigteninteressen keine entscheidende Rolle mehr. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass sich die Berufsausbilder der externen Unternehmen angesichts hoher Gehaltskürzungen nicht mehr voll mit ihrer Aufgabe identifizierten. Galt früher die ganze Motivation der Ausbildung, waren viele Ausbilder jetzt auf der Suche nach einer besser bezahlten Alternative. Die konjunkturellen Zyklen wirkten sich seither unmittelbar auf die Qualität der beruflichen Ausbildung von Straftätern aus.

Für das Ausbildungsgeschehen in den Vollzugseinrichtungen war dies eine überaus problematische Entwicklung. Die absehbaren Qualitätsverluste bei der Qualifizierung von Straftätern haben letztlich wohl für die Politik den Ausschlag gegeben, sich von dieser teilweisen Privatisierung von hoheitlichen Aufgaben zu verabschieden. Die Übernahme von interessierten und geeigneten Berufsausbildern der externen Anbietern in den Werkdienst der Vollzugseinrichtungen bietet den Betroffenen damit eine verlässliche Perspektive, bis zur Altersgrenze eine spannende, fordernde, aber auch befriedigende berufliche Aufgabe wahrnehmen zu können. In Geldern und Heinsberg steht diese Personalmaßnahme bereits vor dem Abschluss. In den weiteren Vollzugseinrichtungen soll im Rahmen der kommenden Personalhaushalte entsprechend verfahren werden.

Neuordnung des Ausbildungsgeschehens war dringend geboten

Der Vollzug ist darauf angewiesen, dass er zu jeder Zeit auf qualifizierte und motivierte Berufsausbilder zugreifen kann. Nur auf diese Weise lassen sich die angestrebten Ausbildungserfolge erzielen. Die Auszubildenden benötigen intensive Führung, Anleitung und vielfache praktische Wiederholungen, bis sie die theoretischen und praktischen Ausbildungsinhalte verlässlich und dauerhaft beherrschen. Zudem bedürfen die Auszubildenden permanenter Motivationsansprachen, um sie davon zu überzeugen, dass berufliche Qualifizierung eine wirksame Methode ist, ihren Lebensunterhalt künftig auf legale Weise zu bestreiten.

Diese Aufgaben lassen sich nur mit einem Personal bewerkstelligen, dass nicht selbst um die Sicherheit des Arbeitsplatzes und um eine auskömmliche Bezahlung von Ausschreibungstermin zu Ausschreibungstermin fürchten muss. Der BSBD fordert die jetzt durch Justizminister Peter Biesenbach (CDU) umgesetzte Personalmaßnahme seit nunmehr zwanzig Jahren. Der ein oder andere hatte schon nicht mehr vermutet, dass sich diese gewerkschaftliche Forderung würde realisieren lassen. Jetzt haben sich aber endlich die Sachargumente durchgesetzt und auch der Zeitgeist stand diesem Vorhaben nicht länger im Wege. Zwischenzeitlich werden neoliberale Gestaltungsansätze auch von der Politik deutlich kritischer gesehen, als dies noch vor Jahren der Fall war.

Ausbildung mit eigenem Personal ist eine effektive Lösung

Die jetzt zunächst für die Einrichtungen Geldern und Heinsberg gefundene Lösung ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Die betroffenen Ausbilder erhalten vernünftig dotierte Stellen im Bereich der beruflichen Aus- und Fortbildung des Vollzuges und damit eine dauerhafte Perspektive für die Ausübung ihres Berufes.

Der Vollzug erhält motivierte Kräfte, die sich ausschließlich auf die berufliche Qualifizierung von Straftätern konzentrieren können. Als entsprechend nachgeschulte Kräfte des Vollzuges werden die Berufsausbilder zudem jene Angehörigen des allgemeinen Vollzugsdienstes, die bislang für die Sicherheit in den Betrieben verantwortlich waren, ersetzen, was eine nicht zu unterschätzende Personaleinsparung bewirken wird.

Und auch für die Kolleginnen und Kollegen des Werkdienstes ergeben sich Vorteile. Durch die Vergrößerung der Laufbahn wird die künftige Nachschlüsselung zur Verfügbarkeit von zusätzlichen Beförderungsämter in der Laufbahn des Werkdienstes führen, so dass sich die Aufstiegsperspektiven insgesamt verbessern.

Das Land NRW profitiert daneben selbstverständlich auch. Einerseits durch die Einsparung von Kräften des allgemeinen Vollzugsdienstes, die bislang aus Sicherheitsgründen in den Betrieben gebunden waren, andererseits durch die Beendigung der Teilprivatisierung vollzuglicher Aufgaben. Damit wird ein verfassungsrechtlicher Graubereich verlassen und die Vollzugsaufgaben werden wieder unter Beachtung des Artikels 33 Abs. 4 Grundgesetz organisiert.

In Düsseldorf wertete BSBD-Chef Peter Brock dieses Zwischenergebnis als herausragenden gewerkschaftlichen Erfolg, an dem eine ganze Generation von Mandatsträgern gearbeitet habe. „Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat sich überzeugen lassen, dass die von uns vorgeschlagene Problemlösung eine Win-win-Situation sowohl für das Land Nordrhein-Westfalen als auch für die Laufbahn des Werkdienstes darstellt. Minister Biesenbach hat aber nicht nur - wie viele seiner Amtsvorgänger - Verständnis signalisiert, sondern er hat auch entsprechend gehandelt. Dafür gebührt ihm der Dank der Kolleginnen und Kollegen. Speziell die von externen Anbietern übernommenen Kolleginnen und Kollegen sind mit der jetzt gefundenen Regelung mehr als nur zufrieden, weil sie ihnen eine verlässliche Basis für ihre weitere Lebensplanung bietet“, freute sich der Gewerkschaftschef über die vom BSBD angestoßene Personalmaßnahme.

Friedhelm Sanker