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Null-Toleranz-Strategie gegen Clan-Kriminalität erfolgreich

Im Jahr 2021 ging die Zahl der registrierten Straftaten erneut um 1,2 Prozent auf 1.201.472 Fälle zurück. Damit hält der Trend rückläufiger Fallzahlen an. Seit 2016 wurde eine viertel Million Delikte weniger registriert. Innenminister Herbert Reul hat in diesen Tagen das aktuelle Lagebild Clankriminalität vorgestellt und mit einigem Stolz darauf aufmerksam gemacht, dass seit 2017 harte Zeiten für die Familienclans angebrochen sind.

Schwarz-Gelb habe den Kampf gegen kriminelle Clan-Strukturen deutlich verstärkt und bedeutende Erfolg erzielt. Die Vermögensabschöpfung, die noch stark verbesserungsbedürftig ist, habe den Strafverfolgungsbehörden immerhin die Möglichkeit eröffnet, den Clans wieder abzunehmen, was sie sich rechtswidrig zugeeignet hätten.

Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte gerade diesen Kriminalitätsbereich zum Schwerpunkt der Polizeiarbeit gemacht, weil die ethnische, familienbezogene Zugehörigkeit zu einem Clan, der über ein gemeinsames Normen- und Werteverständnis verfügt und sich vielfach in Konkurrenz zur rechtsstaatlichen Ordnung sieht, unseren Rechtsstaat in letzter Konsequenz an die Grenzen seiner Handlungsfähigkeit führen kann.

Sonderermittler haben sich bewährt

Gerade die Personengruppe aus libanesischen und türkisch-arabischen Clans hat sich zuletzt in NRW breit gemacht, Sie traten mitunter so selbstbewusst auf, dass sie ganze Stadtzeile zu ihrer Einflusszone erklärten. Hier sind nun durchaus erste Erfolge sichtbar. Die Zahl sogenannter Tumultdelikte mit bis zu 100 Beteiligten sind spürbar zurückgegangen.

Hierzu hat sicher beigetragen, dass seit 2019 Sonderermittler im Einsatz sind. Diese arbeiten täterbezogen und zwar unabhängig von den üblichen Zuständigkeitsregelungen. Die eingesetzten Staatsanwälte kümmern sich um alle Straftaten, die einer speziellen Tätergruppe vorgeworfen werden. Dabei arbeiten sie eng mit dem Zoll, Arbeits- und Sozialbehörden zusammen. Auf diese Weise soll auch gegen Sozialleistungs- und Steuerbetrug vorgegangen werden.

Straftäter aus dem Clan-Milieu sind durch den Strafvollzug nur schwer zu erreichen

Zahlreiche Täter aus Clan-Familien haben in den zurückliegenden Jahren Strafen im nordrhein-westfälischen Strafvollzug verbüßt. Ganz abgesehen davon, dass eine Inhaftierung mit keinerlei Stigmatisierung für den Betroffenen verbunden ist, scheitert der Vollzug bei dieser Tätergruppe schon daran, dass es überhaupt keinen sozialen Druck zur Verhaltensänderung gibt. Die von der Familie weitgehend akzeptierten und vielfach unterstützen kriminellen Strukturen sichern hohe Einkommen aus Straftaten, die beispielweise durch Arbeit keinesfalls erzielt werden könnten.

Für ein kriminelles Clan-Mitglied gibt es kaum einen Grund für eine Verhaltensänderung, zumal es alles aufgeben und mit ihrem Familienclan brechen müsste. Der Vollzug kann diese Tätergruppe daher mit seinen auf Verhaltensänderung angelegten Behandlungskonzepten kaum erreichen. Im Vollzug besteht zudem das Risiko der kriminellen Infektion. Immerhin könnten sich andere Tätergruppen am Beispiel der Familienclans orientieren und vergleichbare Strukturen der organisierten Kriminalität aufbauen.

Von organisierten Strukturen der Kriminalität geht eine große Gefahr für unser Gemeinwesen aus. Straftäter können nur zur Rechenschaft gezogen werden, wenn ihnen Straftaten individuell nachgewiesen werden können. Dies fällt aber bei Familienclans mit vielen kriminell aktiven Straftätern immer schwerer. Der Staat muss einen immer höheren Aufwand betreiben, um das Strafrecht in diesem Bereich durchzusetzen.

Institut der Vermögensabschöpfung muss nachgeschärft werden

Mit der Vermögensabschöpfung besteht seit fünf Jahren die verbesserte Möglichkeit, Straftätern die Früchte ihres kriminellen Handelns wieder abzunehmen. Obwohl es auch hier noch Luft nach oben gibt. Der Bundesgesetzgeber hat sich bislang nicht getraut, eine vollständige Beweislastumkehr gesetzlich vorzuschreiben. Zu groß waren seine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil substanziell in den Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung eingegriffen werden müsste.

Weil der Bundesgesetzgeber hier nur halbherzig gehandelt hat, besteht für die Clans immer noch die Möglichkeit, sich auskömmlich durch Straftaten zu finanzieren. Wir sollten uns in dieser Hinsicht ein Beispiel an Italien nehmen. Erst als dort die Beweislastumkehr realisiert war, gab es eine realistische Möglichkeit, erfolgreich gegen die Mafia vorzugehen.

Ein Verdächtiger, der über Vermögenswerte verfügt, die mit seinem regulären Einkommen kaum finanzierbar wären, muss im Fall der vollständigen Beweislastumkehr nachweisen, dass diese Werte nicht mit Erträgen aus Straftaten erworben worden sind. Kann dieser Beweis nicht geführt werden, erfolgt die die Einziehung dieser Vermögenswerte.

Derzeit sind 113 Familienclans in NRW aktiv

Der Rückgang der Straftaten ist zwar ein Segen für die Gesellschaft, doch muss gerade im Bereich der organisierten Kriminalität von einer beträchtlichen Dunkelziffer ausgegangen werden. Erpressung von Schutzgeldern, bandenmäßig organisierter Wirtschafts- und Sozialhilfebetrug, Rauschgiftdelikte und Internetkriminalität gelten als Wachstumsmärkte für organisierte Kriminelle.

Gegenwärtig werden von der Polizei und den Sonderermittlern insgesamt 113 Familienclans dem Clan-Milieu zugerechnet und deren Angehörige speziell verfolgt, wenn sie einer Straftat verdächtigt werden. Allein diese Zahl belegt die Bedeutung, die dieser Kriminalitätsbereich zwischenzeitlich einnimmt.

Man muss der schwarz-gelben Landesregierung zugestehen, dass sie die Gefahr der Clan-Kriminalität für unser Gemeinwesen erkannt und ohne ideologische Scheuklappen gehandelt hat. Aber auch künftig wird der Staat große Kräfte bündeln müssen, um diesen Kriminalitätsbereich unter Kontrolle zu halten und ihm rechtsstaatliche Konsequenz entgegen zu stellen.

Friedhelm Sanker

Foto: studio v-zwoelf/stock.adobe.com