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Schichtdienst verursacht gesundheitliche Belastungen mit Langzeitwirkung, die gesondert vergütet werden müssen.

Arbeitszeiten im allgemeinen Vollzugsdienst

Mangelnde Attraktivität drückt auf die Motivation

Die Vollzugseinrichtungen des Landes sind zweifellos Institutionen, die an 365 Tagen im Jahr jeweils 24 Stunden täglich funktionieren müssen. Hieraus ergeben sich zahlreiche Probleme, die im Zuge gesellschaftlicher Entwicklungen zunehmend nach Veränderung verlangen.

Zwar war jedem Bewerber für die Laufbahn des allgemeinen Vollzugsdienstes bereits bei der Einstellung klar, dass ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb besondere Anforderungen an die dienstliche Verfügbarkeit stellt. Trotzdem müssen auch im Vollzug Arbeitszeitregelungen mit arbeitnehmerfreundlichen Komponenten in anderen Bereichen zum Anlass genommen werden, über Verbesserungen nachzudenken. Schließlich haben auch Vollzugsbedienstete Anspruch auf eine vernünftige Work-Live-Balance.

In der Praxis des Vollzuges kann man beobachten, wie sich im Laufe der Zeit die Einstellung zum Dienst verändert. Beschäftigte, Anwärter und dienstjunge Bedienstete starten mit überbordender Motivation, um sich ein neues Berufsfeld zu erschließen. Liegen Ausbildung und erste Praxiserfahrungen hinter ihnen und die Routine hat Einzug gehalten, werden die Dienste an Wochenenden, Feiertagen und zur Nachtzeit als deutlich belastender empfunden als zuvor.

Zu jeder Tages- und Nachtzeit Dienst verrichten zu müssen, nagt an Gesundheit und Fitness

Schicht- und Wechseldienste, Einsatz am Wochenende und die regelmäßige Arbeit zur Nachtzeit stecken Menschen nicht so einfach weg. Dass solche Dienste im Laufe der Zeit ihren gesundheitlichen Tribut fordern, ist im Übrigen lange wissenschaftlich erwiesen. Ein gerade in jungen Jahren unterschätzter Aspekt ist der soziale Aufwand, den der Beruf von jeder Kollegin und jedem Kollegen verlangt. Die Belastungen des Wochenenddienstes drücken besonders, wenn Kinder und Ehepartner warten, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Dies ist ein schleichender Prozess, der den Betroffenen meist erst nach vielen Jahren im Vollzug bewusst wird. Da haben sich oftmals bereits Freunde, Familienangehörige und vielleicht auch der eigene Partner von einem abgewandt oder verabschiedet.

Im Vollzug ist Arbeit an 12 Tagen am Stück vor einem freien Wochenende eher die Regel als die Ausnahme. In einigen Anstalten des Landes sollen Kolleginnen und Kollegen sogar um das eine - arbeitszeitrechtlich garantierte - freie Wochenende im Monat bangen müssen. Ursächlich hierfür dürften die zahlreichen Nebenaufgaben sein, die bei der Berechnung des tatsächlichen Personalbedarfs regelmäßig außer Ansatz bleiben.

Überlastung als Vollzugsstandard

Dauerbelastungen, wie wir sie im Vollzug vorfinden, führen mit individuell unterschiedlichen Nuancen entweder zu chronischen Beschwerden oder mitunter auch ernsthaften Erkrankungen. Wer seine Arbeitskraft tagein, tagaus dem Vollzug zur Verfügung stellt und tapfer auch die Lücken in den Dienstplänen stopft, der darf von seinem Dienstherrn erwarten, dass der sich über Entlastungsmöglichkeiten Gedanken macht. Und auch wir als Fachgewerkschaft wollen uns dieses Problems annehmen, um konstruktiv gegenüber dem Ministerium agieren zu können. Deshalb diskutiert der Arbeitskreis AVD aktuell unterschiedliche Lösungsansätze.

Speziell die Corona-Pandemie hat den Vollzug arg gebeutelt. In den 36 Justizvollzugsanstalten des Landes NRW hat es in den vergangenen Jahren zwar personelle Entlastungen gegeben, doch in der Pandemie war davon nicht viel spüren. Hohe Krankenstände und Isolationen haben dafür gesorgt, dass oftmals mehr als 10 Prozent der Belegschaft nicht dienstfähig war.

Unvermeidliche Belastungen besser vergüten

Weil Beamte nicht für jede Stunde bezahlt werden, sondern Anspruch auf auskömmliche Besoldung haben, tut sich die Politik regelmäßig schwer, zusätzliche Belastungen angemessen und zusätzlich zu vergüten. Erst ganz langsam setzt hier ein Umdenken ein. Ein systemischer Mangel ist bei der Vergütung von Spät-, Nacht- und Wochenenddiensten auszumachen. Die gezahlten Beträge hinken meilenweit hinter denen her, die in der Privatwirtschaft gang und gäbe sind.

Dieser fehlende finanzielle Anreiz ist ein echter Motivationskiller. Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, liegt NRW bei der Höhe der Zuschläge für Dienste zu ungünstigen Zeiten im direkten Vergleich mit anderen Bundesländern auch noch im unteren Mittelfeld und weit abgeschlagen im Vergleich zum Bund. Es ist an der Zeit, die Zulagen zunächst einmal auf einen aktuellen Stand zu bringen.

Der Gesetzgeber sollte in sich gehen und die unattraktivsten Dienstzeiten mit dem höchsten finanziellen Anreiz ausstatten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich die Suche nach Kräften für Feiertags-, Wochenend- und Nachtdienste dann deutlich entspannen würde. Immerhin nehmen die Kolleginnen und Kollegen gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf und dafür ist ein angemessener Ausgleich nur recht und billig. Nicht alle Probleme im Vollzug lassen sich mit Geld lösen. Bei den Zulagen für Dienst zu ungünstigen Zeiten ist der Einsatz finanzieller Mittel aber nahezu alternativlos. Die Landesleitung wird deshalb in Kürze einen neuen Vorstoß unternehmen, um von der Politik eine angemessene Vergütung einzufordern.

Andre Schicht

Andre SchichtAndre Schicht

Foto im Beitrag © BSBD NRW (Archiv)