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Mittlerer Verwaltungsdienst bei Justizvollzugsanstalten: Eine (fast) vergessene Laufbahn?

Nein, die größte Anzahl an Beamtinnen und Beamten stellt die Laufbahn im Justizvollzug nicht. Mit gerade 2,8 % der rd. 7900  Beamten ist sie eher klein. Die Laufbahngruppen des höheren und des gehobenen Dienstes umfassen rd. 1070 Beamtinnen und Beamte. Der mittlere Verwaltungsdienst bei Justizvollzugsanstalten nimmt sich mit seinen ca. 220 Beamtinnen und Beamten im Vergleich dazu überaus bescheiden aus.

Bei den Beamtinnen und Beamten des mittleren Verwaltungsdienstes handelt es sich allerdings um hochqualifizierte Spezialisten, die dafür sorgen, dass die Vollzugsverwaltung nicht ins Stocken gerät. Nach einhelliger Auffassung der Anstaltsleiterinnen und Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen kann auf die hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Laufbahn nicht verzichtet werden. Die Laufbahnangehörigen freuen sich über dieses indirekte Lob, beklagen aber, dass die Laufbahn bei strukturellen Verbesserungen regelmäßig übersehen wird.

Aber wie sieht die Wirklichkeit aus?

Aufgrund des Aufgabenzuschnitts unterscheidet sich die Laufbahn grundsätzlich und gravierend von allen anderen Laufbahnen des mittleren Dienstes. Eigenständiges Arbeiten ist für die Laufbahnangehörigen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Ohne die Beamtinnen und Beamten des mittleren Verwaltungsdienstes würden die Organisations- und Verwaltungsabläufe in den Vollzugseinrichtungen nicht funktionieren. Die Einrichtungen könnten ihren Gesetzesauftrag folglich nicht erfüllen.

Beim mittleren Verwaltungsdienst bei Justizvollzugsanstalten des Landes NRW handelt es sich um eine Laufbahn, die - eingebunden in den modernen Behandlungsvollzug - ein unverzichtbares, zentrales Bindeglied darstellt, ohne dass alle übrigen Berufsgruppen ihre Aufgaben kaum erfüllen könnten. Die Laufbahnangehörigen sorgen dafür, dass alle Räder der „Vollzugsmaschinerie“ ineinandergreifen und schaffen damit die Voraussetzung dafür, dass ein wirksamer Behandlungsvollzug realisiert werden kann.

In letzter Zeit ist festzustellen, dass Kolleginnen und Kollegen der Laufbahn immer häufiger zu anderen Behörden wechseln, weil sie dort bessere Berufsperspektiven vorfinden.

Insoweit verlangen die Laufbahnangehörigen, dass ihre Tätigkeit die gebotene finanzielle Anerkennung durch die Politik erfährt und sie nicht mit bloßen Worthülsen in „Sonntagsreden“ abgespeist werden. Die Politik muss endlich zur Kenntnis nehmen, dass der mittlere Verwaltungsdienst hervorragende Arbeit leistet, die entsprechend zu honorieren ist. Wegen des hohen Spezialisierungsgrades der Mitarbeiter der Laufbahn und des hohen Maßes an Eigenverantwortung, mit dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, verbietet sich der Vergleich mit anderen Laufbahnen des mittleren Dienstes. Hier ist vielmehr eine eigenständige Bewertung erforderlich, die sodann die Grundlage für leistungs- und aufgabenangemessene Aufstiegsmöglichkeiten zu bilden hat.

Leistungs- und aufgabenangemessene Besoldungsstrukturen überfällig

Die Laufbahnangehörigen erwarten in einem überschaubaren Zeitrahmen die Eröffnung von Aufstiegsmöglichkeiten bis zur Besoldungsgruppe A 11 BBesO. Unter Nutzung des Instituts des sogenannten Verwendungsaufstieges im Sinne des § 7 Abs. 2 LVO NRW sind Aufstiegsmöglichkeiten für solche Funktionen bis hin zur Besoldungsgruppe A 11 BBesO zu schaffen, die früher dem gehobenen Dienst zugewiesen waren.

Um künftig den Bedarf an Nachwuchskräften decken zu können, wird es nicht mehr ausreichen, nur Schulabgänger für die Laufbahn zu gewinnen. Das Land wird vielmehr vermehrt darauf angewiesen sein, auch Berufswechsler für die Laufbahn zu interessieren. Dieses Potential wird allerdings nur gehoben werden können, wenn auch für den mittleren Verwaltungsdienst während des Vorbereitungsdienstes die Gewährung eines Anwärtersonderzuschlages realisiert wird.

Bislang bleibt dieser Laufbahn der Anwärtersonderzuschlag noch vorenthalten. Angesichts des demografischen Wandels schöpft die Privatwirtschaft (Fach-)Kräfte zunehmend mit lukrativen Arbeitsverträgen ab. Der Justizvollzug muss zur Sicherung seiner Konkurrenzfähigkeit daher die Attraktivität seiner Arbeitsplätze durch ein verbessertes Marketing, durch eine positive Darstellung des Arbeitsfeldes und nicht zuletzt durch eine attraktive Besoldung nachhaltig verbessern. Auch hier besteht unbedingter Handlungsbedarf.

Im mittleren Verwaltungsdienst sollten künftig - nach Einschätzung der BSBD-Fachschaftsvertretung - nur noch im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes qualifizierte Kolleginnen und Kollegen im Beamtenverhältnis verwendet werden. Den derzeit vorhandenen Beschäftigten müsste zeitgleich die Möglichkeit eröffnet werden, durch Anpassungsfortbildungen die Laufbahnbefähigung zu erwerben. Hierdurch ließe sich ein höheres Maß an Flexibilität erreicht, weil alle Laufbahnangehörigen aufgrund der größeren Verwendungsbreite das gesamte Aufgabenspektrum der Laufbahn abdecken könnten.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizvollzugs in Nordrhein-Westfalen bieten eine gesellschaftlich wertvolle Dienstleistung an. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten einen leistungsfähigen, rehabilitativen Justizvollzug, der sie zudem vor weiteren Straftaten schützt. Wie andere Dienstleister hat auch der Vollzug zielorientiert, kompetent, wirtschaftlich und zügig zu arbeiten und sich rechtzeitig auf künftige Anforderungen einzustellen. Der mittlere Verwaltungsdienst ist bereit, diese gesellschaftlich notwendige Dienstleistung zu erbringen.

Die Politik muss im Gegenzug aber auch bereit sein, die Leistungen und Qualifikationen des mittleren Verwaltungsdienstes anzuerkennen und entsprechend zu honorieren. Die Politik steht in der Pflicht, die dargestellten Verbesserungen für die Laufbahn aufzugreifen und zu realisieren. Eine deutliche Anhebung der gegenwärtigen Stellenobergrenzen könnte kurzfristige Abhilfe schaffen. Angesichts der geringen Zahl von Laufbahnangehörigen dürften sich die finanziellen Belastungen für den Landeshaushalt zudem in überschaubaren Grenzen bewegen. In 2013 sind gerade 710 Millionen Euro bei den Beamten eingespart worden. Da dürfte die Finanzierung dieser Maßnahmen möglich sein. Außerdem könnte so um verlorengegangenes Vertrauen in die Politik zurückgewonnen werden.

Der BSBD Nordrhein-Westfalen setzt gewerkschaftlich einen besonderen Schwerpunkt bei der Durchsetzung attraktiver Besoldungs- und Aufstiegsverhältnisse für die Laufbahn des mittleren Verwaltungsdienstes. Die Fachschaftsvertretung „Mittlerer Verwaltungsdienst“ setzt sich konsequent und engagiert für die Laufbahn ein. Der Politik sollte endlich klar werden, dass Mitarbeiter für gute Arbeit auch gutes Geld und berufliche Anerkennung erwarten können. Qualifizierte und engagierte Leistungen sind nicht zum Nulltarif zu haben.

Der neue Flyer "Mittlerer Verwaltungsdienst".Der neue Flyer "Mittlerer Verwaltungsdienst".

Die Arbeitsgruppe „Mittlerer Verwaltungsdienst“ überreicht BSBD-Chef Peter Brock (2. von re.) den entwickelten Flyer. Weiter im Bild von links: Richard Römer (JVA Remscheid), Kurt Falke (JVA Willich 1), Birgit Westhoff (JVA Moers-Kapellen), Andreas Wegener (JVA Schwerte) und Fachschaftsvertreter Thomas Rüter (JVA Werl).Die Arbeitsgruppe „Mittlerer Verwaltungsdienst“ überreicht BSBD-Chef Peter Brock (2. von re.) den entwickelten Flyer. Weiter im Bild von links: Richard Römer (JVA Remscheid), Kurt Falke (JVA Willich 1), Birgit Westhoff (JVA Moers-Kapellen), Andreas Wegener (JVA Schwerte) und Fachschaftsvertreter Thomas Rüter (JVA Werl).