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Der BSBD NRW fordert dazu auf, die gesetzlichen Regelungen zum Anwärtersonderzuschlag umfassend zu Gunsten der Nachwuchskräfte des Vollzuges einzusetzen.

Anwärtersonderzuschläge für den Einstellungsjahrgang 2024 gesichert!

Die Nachwuchsgewinnung für den Vollzug gestaltet sich seit Jahren überaus herausfordernd. Die Einstellungsbehörden haben die Erfahrung machen müssen, dass die Personalakquise noch so kreativ arrangiert werden kann, doch ohne eine attraktive Entlohnung bleiben viele Stellen unbesetzt. Der BSBD NRW ist deshalb seit langem bemüht, die finanzielle Vergütung der Nachwuchskräfte der Laufbahnen des Allgemeinen Vollzugs- und des Werkdienstes durch volle Ausschöpfung der Anwärtersonderzuschläge nachhaltig zu verbessern.

Außerdem streben wir die Aufnahme weiterer Laufbahnen in den Bereich dieser Sonderregelung an. Für den Vollzugs- und Verwaltungsdienst der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, war der BSBD NRW damit erfolgreich. Jetzt ist es erforderlich, auch die Laufbahn des ehemaligen mittleren Verwaltungsdienstes entsprechend zu fördern.

Das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen hat zwischenzeitlich zugestimmt, den Anwärterinnen und Anwärtern des Einstellungsjahrgangs 2024 Sonderzuschläge in der bisherigen Höhe zu gewähren. Für die Laufbahnen des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes sollen weiter 70 Prozent, für angehende Diplom-Verwaltungswirte sollen weiter 30 Prozent des jeweiligen Anwärtergrundbetrages gezahlt werden.

Anwärtersonderzuschläge werden jährlich überprüft

In jedem Haushaltsjahr prüft das Finanzministerium die Anpassung und Erforderlichkeit von Anwärtersonderzuschlägen. Für 2024 hat es entschieden, die Sonderzuschläge in bisheriger Höhe beizubehalten. Der BSBD NRW hatte sich dafür ausgesprochen, für die Laufbahnen des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes die gesetzliche Höchstgrenze von 90 Prozent nunmehr auszuschöpfen.

Die Probleme der Nachwuchsgewinnung haben sich weiter verschärft. Speziell im Allgemeinen Vollzugsdienst und im Werkdienst sind aktuell annähernd 900 Stellen unbesetzt. Auch im Bereich der Verwaltung wird es schwieriger, den erforderlichen Nachwuchs zu rekrutieren.

Der Vollzug sieht sich gegenwärtig einer Entwicklung ausgesetzt, die zunehmende Wucht entfaltet. Erst vor drei Jahren sind die Sonderzuschläge für den Allgemeinen Vollzugs- sowie den Werkdienst auf 70 Prozent des Anwärtergrundbetrages angehoben worden. Vor einem Jahr ist ein 30-prozentiger Zuschlag für angehende Diplom-Verwaltungswirte eingeführt worden. Diese Reaktion der Landesregierung ist durchaus anerkennenswert. Der BSBD NRW befürchtet allerdings, dass weitere finanzielle Anreize erforderlich sein werden, um die Nachwuchsprobleme des Vollzuges definitiv und nachhaltig zu lösen.

Nachwuchsgewinnung ist entscheidend für die künftige Qualität des Vollzuges

Ohne geeignetes Personal lässt sich kein effektiver Justizvollzug gestalten. Diese Erkenntnis ist vollzugliches Allgemeingut. Um dem immer deutlicher spürbar werdenden Nachwuchsmangel zu begegnen, haben wir es mit professionellerer Werbung versucht. Ein durchschlagender Erfolg blieb leider aus. Folglich sind finanzielle Anreize notwendig, um bei der Konkurrenz um die besten Köpfe, nicht völlig den Anschluss zu verlieren. Der BSBD NRW tritt deshalb bereits länger dafür ein, die Möglichkeiten der Sonderzuschlagsgewährung umfassender zu nutzen und den gesetzlichen Rahmen auszuschöpfen.

Wenn die Politik darauf setzen sollte, dass die in diesem Jahr erheblich verschlechterten Produktionsbedingungen für die deutsche Industrie zu vermehrten Insolvenzen führen wird und das Personalproblem des öffentlichen Dienstes auf diese Weise gelindert werden kann, dann dürften diese Überlegungen nicht aufgehen.

Das Bürgergeld wird Anfang des kommenden Jahres für Familien eine Höhe erreichen, dass die Eingangsgehälter der Nachwuchskräfte des Vollzuges schwer unter Druck geraten dürften. Es kann aber doch nicht richtig sein, dass Betroffene Überlegungen anstellen müssen, ob sie sich eine Arbeitsaufnahme überhaupt finanziell leisten können, ohne aufstocken zu müssen.

Das wäre eine geradezu perverse Situation, die die Leistungsbereitschaft nicht gerade fördern würde. Der BSBD NRW plädiert deshalb nachdrücklich dafür, die gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen, um den Nachwuchskräften den Gang zum Sozialamt möglichst zu ersparen.

Eines sollte allen Beteiligten klar sein, wenn es uns nicht gelingt, mittelfristig mehr Menschen für ein berufliches Engagement im Vollzug zu gewinnen, dann werden Abstriche bei Qualität und Effizienz des Vollzuges kaum zu vermeiden sein. Nachdem die Kriminalitätsentwicklung im zurückliegenden Jahr wieder deutlich angezogen hat und sich weitere Herausforderungen abzeichnen, sollten wir einen Niedergang des Vollzuges unter allen Umständen verhindern.

Stellenwert der Arbeit stärken

Derzeit ist zu beobachten, dass der Pool geeigneter Nachwuchskräfte nicht nur für den Vollzug stetig kleiner wird. Weite Bereiche des Arbeitsmarktes klagen über Fachkräftemangel. Dabei hat die Zuwanderung zu einem beachtlichen Bevölkerungszuwachs geführt, zudem sind über 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Wenn trotzdem nicht genügend Personen für eine Arbeitsaufnahme gefunden werden, kann die Ursache doch nur sein, dass der Produktionsfaktor Arbeit für weite Teile der Bevölkerung als Element der Strukturierung und der Sinnhaftigkeit der Lebensgestaltung an Bedeutung verloren hat. Vielfach treten die Interessen des Arbeitsmarktes auch hinter moralischen Überlegungen und Aspekten der Toleranz und Vielfalt zurück.

Und dann ist da noch das Abstandsgebot zwischen Transferleistungsempfängern und arbeitender Bevölkerung. Wird der Abstand zu gering, wie es derzeit den Anschein hat, dann setzen bei den Betroffenen Kosten-Nutzen-Überlegungen ein, ob es sich tatsächlich lohnt, für nur wenig mehr Geld einen ganzen Monaten arbeiten zu gehen.

Wegen des ungesunden Verhältnisses von arbeitenden zu nicht arbeitenden Personen steigen die Sozialabgaben bei einer gleichzeitig sehr hohen Steuerbelastung. Hier sind politische Entscheidungen erforderlich, die die arbeitende Bevölkerung signifikant entlastet, damit Leistung wieder für mehr Menschen attraktiv wird.

Der Vollzug muss gegenwärtig froh sein, so viele Bewerberinnen und Bewerber zu finden, um den personellen Ersatzbedarf halbwegs zu decken. Die in der letzten Legislaturperiode zusätzlich geschaffenen Stellen sind derzeit noch weitgehend unbesetzt. Hieraus darf sich kein Dauerzustand entwickeln, weil wir uns sonst mit einem nicht unerheblichen Teil unbesetzbarer Stellen abfinden müssten. Dies würde konkret bedeuten, das vorhandene Personal dauerhaft zu überlasten. Mit einer solchen Situation will sich der BSBD NRW nicht abfinden. Aber auch Abstriche bei den Einstellungsvoraussetzungen können nach Auffassung des BSBD NRW nicht die Lösung des Problems sein.

Was wir vom BSBD NRW anstreben, ist ein qualitativ hochwertiger, behandlungsorientierter Vollzug, dem das benötigte Personal in ausreichender Zahl zur Verfügung steht. Um dieses Ziel zu erreichen ist der Dienstherr gut beraten, die Bezahlstrukturen deutlich attraktiver auszugestalten, als dies gegenwärtig der Fall ist.

Zeiten der Krisen bieten auch Chancen

Die aktuell unsicheren Zeiten haben finanzielle Belastungen durch Inflation und Energiekosten ausgelöst und die Wirtschaft in eine leichte Rezession geführt. Die konkreten Auswirkungen dieser Entwicklung sind erst in Ansätzen erkennbar. Krisen sind aber auch mit Chancen verbunden. Der öffentliche Dienst müsste jetzt mit seinen sicheren Arbeitsplätzen punkten können. Damit der Vollzug diese Chancen nutzen kann, sind bestmögliche Rahmenbedingungen unabdingbar.

Im bundesweiten Vergleich der Anwärtersonderzuschläge muss sich der NRW-Strafvollzug nicht verstecken. Trotzdem gilt: Das berufliche Engagement im Vollzug muss aus sich selbst heraus attraktiv sein. Weil dies so ist, spricht sich der BSBD NRW speziell für die Verbesserung der Anwärterbesoldung aus.

Mittleren Verwaltungsdienst nicht übersehen

Der Landeshaushalt befindet sich aktuell angesichts der zahlreichen Krisen in einer schwierigen Lage. Und es stimmt auch, dass die gegenwärtig laufenden Tarifverhandlungen für die Bundesländer zu spürbaren Belastungen für den Haushalt führen werden. Darüber dürfen wir die Nachwuchsgewinnung allerdings nicht aus den Augen verlieren.

Der BSBD NRW hält es weiter für zwingend, die Zahlung eines Sonderzuschlages auch für die Laufbahn des mittleren Verwaltungsdienstes vorzusehen. Beim gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienst sind wir mit unseren Argumenten durchgedrungen.

Für die Gewerkschaft Strafvollzug steht jedenfalls fest, dass der Vollzug nicht umhinkommen wird, die Sonderzuschläge für den Allgemeinen Vollzugs- und den Werkdienst auf 90 Prozent des Grundbetrages anzuheben und für den mittleren Verwaltungsdienst den Einstieg in die Zuschlagsgewährung vorzusehen.

Spätestens im kommenden Jahr muss das Land NRW handeln, wenn der Justizvollzug sachgerecht auf die künftigen Herausforderungen vorbereitet werden soll. Die Statistik weist eine deutliche Zunahme der Kriminalität bei Zugewanderten aus. Hält dieser Trend an, werden zusätzliche Haftplätze und entsprechendes Personal für die Behandlung dieser Straftäter benötigt.

Die nunmehr für den Einstellungsjahrgang 2024 bewilligten Anwärtersonderzuschläge gelten als für die gesamte Dauer des jeweiligen Vorbereitungsdienstes gewährt.

Friedhelm Sanker