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Anwärtersonderzuschlag: Zuschlagshöhe für den Einstellungsjahrgang 2024 auf dem Prüfstand

Der Finanzminister des Landes NRW hatte zuletzt einer moderaten Anhebung der Zuschläge zugestimmt. Seither beträgt der Zuschlag für den Allgemeinen Vollzugsdienst und für den Werkdienst jeweils 70 Prozent des Anwärtergrundbetrages. Zudem wurde für die Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes erstmals ein Sonderzuschlag in Höhe von 30 Prozent des Grundbetrages eingeführt.

Der BSBD NRW hatte eine Erhöhung der Zuschläge für den Allgemeinen Vollzugsdienst und den Werkdienst auf 90 Prozent der Bemessungsgrundlage gefordert. Hierzu hat sich die Landesregierung leider nicht durchringen können. Der BSBD NRW anerkennt zwar ausdrücklich, dass mit der erneuten Anhebung und der Aufnahme des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes ein wichtiger Schritt unternommen wurde, er sieht in diesem Bereich aber weiteren und dann möglichst abschließenden Handlungsbedarf.

Der Arbeitsmarkt wird aktuell von zwei gegensätzlichen Phänomenen gekennzeichnet. Einerseits lassen sich Fachkräfte immer seltener finden, andererseits ist die Zahl der Arbeitslosen im Steigen begriffen. Diese Entwicklungen sind ein absoluter Worst Case für den Arbeitsmarkt und unseren Sozialstaat. Wenn es bei 2,6 Millionen Arbeitslosen nicht gelingt, selbst Jobs mit einfachem Anforderungsprofil zu besetzen, dann deutet das darauf hin, dass das Abstandsgebot zwischen Menschen in Arbeit und Menschen ohne Arbeit nicht ausreichend groß ist. Das bisherige Versprechen, in Deutschland durch seiner Hände Arbeit sozialen Aufstieg erreichen zu können, hat offenbar an Attraktivität eingebüßt. Hier ist die Politik gefordert, die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen, weil sonst der Sozialstaat langfistig nicht mehr finanzierbar sein dürfte.

Die Personalknappheit sorgt gegenwärtig dafür, dass qualifizierter Nachwuchs stark umworben wird. Folglich müssen große Anstrengungen unternommen werden, dass sich geeignete Bewerberinnen und Bewerber in ausreichender Zahl für ein berufliches Engagement im Strafvollzug finden.

Die Professionalisierung der Bewerberakquise hat lediglich den Statusquo gesichert

Die Intensivierung und Professionalisierung der Werbung und der anerkennenswerte Einsatz der Vollzugsbehörden haben bewirkt, dass die Bewerberzahlen nicht weiter zurückgegangen sind. Aus Sicht des BSBD NRW sind weitere finanzielle Anreize erfroderlich, um die bestehenden Stellenvakanzen zeitnah beenden zu können. Während der letzten Legislatur hat die Landesregierung annähernd 1.000 zusätzliche Stellen für den Strafvollzug geschaffen, um die ärgsten Personalprobleme zu lindern und Personal für neue Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Stellen kann bislang nicht besetzt werden.

Stellen, die nur auf dem Papier existieren, bewirken aber nicht die angestrebte Entlastung des vorhandenen Personals. Deshalb ist es nach Auffassung des BSBD NRW sinnvoll und geboten, nunmehr den letzten Schritt zu gehen und den Anwärtersonderzuschlag für den Allgemeinen Vollzugsdienst und den Werkdienst auf 90 Prozent des Anwärtergrundbetrages zu erhöhen.

Die glücklicherweise überwundene Pandemie hat die Nachwuchsgewinnung erheblich belastet. Die aus der Vergangenheit bekannten Schwierigkeiten, geeignete Nachwuchskräfte für ein berufliches Engagement im Strafvollzug zu interessieren, bestehen fort. Der BSBD NRW ist deshalb weiter der Überzeugung, dass eine grundsätzliche Verbesserung der Bewerberzahlen nur durch weitere zusätzliche finanzielle Anreize erzielt werden kann.

Der Vollzug sucht Bewerber mit Berufs- und Lebenserfahrung

Der Vollzug ist ein schwieriges und weitgehend unbekanntes Berufsfeld. Es werden zudem vorrangig Kräfte gesucht, die bereits über Berufs- und Lebenserfahrung verfügen. Diese Rahmenbedingungen müssen durch die Anwärterbesoldung gespiegelt werden, damit geeignete Bewerberinnen und Bewerber sich einen Berufswechsel auch leisten können. Gerade von den Erfahrungen dieses Bewerberkreises dürfen nachhaltig positive Wirkungen auf die Umsetzung des Behandlungsauftrages erwartet werden. Diese Personengruppe ist aber erfahrungsgemäß vielfach in finanzielle Verpflichtungen eingebunden, die mitunter die Aufnahme einer erneuten Berufsausbildung verhindern. Um bei der Anwerbung gerade solcher Bewerber nicht chancenlos zu sein, ist die Gewährung von auskömmlichen Anwärtersonderzuschlägen unverzichtbar.

Die Nichtbesetzung verfügbarer Stellen vermag die vorherrschende Arbeitsverdichtung der Kolleginnen und Kollegen im Vollzug leider nicht zu beheben. Es müssen schon Menschen aus Fleisch und Blut gefunden werden, die sich der Resozialisierungsarbeit verschreiben. Das vorhandene Personal wird durch den hohen Stand der Mehrarbeit physisch und psychisch enorm gefordert; Entlastung ist deshalb dringend geboten.

Steigende Kriminalität fordert Ausweitung der Behandlungskapazitäten

Die Kriminalitätsstatistik weist für 2022 einen deutlichen Anstieg der Straftaten aus. Dies wird nicht ohne Auswirkungen auf den nordrhein-westfälischen Strafvollzug bleiben, so dass die zeitnahe Stellenbesetzung eine hohe Dringlichkeit aufweist.

Auch die Wirtschaft sucht händeringend nach geeignetem Nachwuchs. Die aktuellen Krisen führen zu wirtschaftlichen Verwerfungen durch hohe Energiepreise. Die Transformation der Wirtschaft verursacht zudem Wettbewerbsverzerrungen, die Investoren verunsichert. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die deutsche Wirtschaft den Pfad des Wachstums während der letzten drei Quartale verlassen hat und in die Rezession gerutscht ist.

Eine solche Entwicklung verunsichert speziell Arbeitnehmer, weil die Arbeitsplatzsicherheit leidet. Es ergibt sich damit aber auch die Chance, aussichtsreich für die Arbeit im Vollzug zu werben. Wenn dann noch die Rahmenbedingungen stimmen, sollte es möglich sein, mehr Berwerberinnen und Bewerber für den Strafvollzug zu interessieren. Der BSBD NRW fordert angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu einem Befreiungsschlag auf, um das Personalproblem des Vollzuges einer grundsätzlichen Lösung zuzuführen.

Der BSBD NRW beharrt angesichts der prekären Situation bei der Nachwuchsgewinnung auf seiner Forderung, die Sonderzuschläge in Zukunft auf 90 Prozent des Grundbetrages für die Laufbahnen des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes zu erhöhen.

Sonderzuschlag auch für den mittleren Verwaltungsdienst notwendig

Daneben hält es der BSBD NRW für erforderlich, die Zahlung eines Sonderzuschlages auch für die Laufbahn des mittleren Verwaltungsdienstes vorzusehen. Bei der Gewinnung geeigneter Nachwuchskräfte ist der Vollzug derzeit nur bedingt konkurrenzfähig. Deshalb sollte auch bei dieser Laufbahn die Einführung eines Sonderzuschlages erfolgen.

In den zurückliegenden Jahren ist der Ersatzbedarf im Verwaltungsdienst vielfach durch die Einstellung von Beschäftigten kompensiert worden. Diese Praxis hat dazu geführt, dass der Personenkreis, der die gesamte Breite des Einsatzspektrums der Laufbahn abdecken konnte, ausgedünnt worden ist. Zwischenzeitlich führt diese Entwicklung dazu, dass urlaubs- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten nur noch schwer bewältigt werden können. Der BSBD NRW plädiert deshalb dafür, wieder verstärkt beamtete Kräfte auszubilden, um die multifunktionale Verwendungsfähigkeit spürbar zu erhöhen.

Speziell in dieser Laufbahn konkurriert der Vollzug mit allen anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft um geeigneten Nachwuchs. Weil andere Dienstherren oftmals lukrativere und zudem planbare Karriereperspektiven bieten, tut sich der Vollzug schwer, den benötigten Ersatzbedarf zu befriedigen. Dieser Entwicklung sollte durch die Einfürhung eines Sonderzuschlages auch für den ehemals mittleren Verwaltungsdienst gegengesteuert werden.

Friedhelm Sanker

Foto: Archiv BSBD NRW